Fake News und Fake Views - von social media zu asocial media

Landgericht Würzburg für Internet-Anarchie oder für Rassismus? Wahrscheinlich für beides

Anas M. hat wegen Fake News eine einstweilige Verfügung gegen Facebook beantragt. Zu Recht! Aber bekommt er die auch? Zum Vergleich: Das Hamburger Landgericht hat im Fall Böhmermann entschieden, dass die strittigen Passagen des Schmähgedichts eines Satirikers gegen einen Terror-Diktator verboten bleiben. Kann man sich vorstellen, dass das Landgericht Würzburg der Meinung sein könnte, dass öffentliche Schmäh und Häme, Verleumdung und Beleidigung eines unschuldigen und bis dato unbekannten Mitmenschen hingegen vertretbar sind? Ja. Am 7. März wissen wir`s.

-Ergebnis 07. Mrz 17

Die Entscheidung des Landgerichts Würzburg ist getroffen und aufgrund der deutlichen Vorzeichen des Gerichts erwartungsgemäß schlecht ausgefallen. By the way - wenn Richter glauben, Fake News zu identifizieren und zu löschen(!) sei für Facebook schwer zu realisieren, der kennt weder Internet noch Facebook. Nun denn - sie (Sie auch?) ahnen nicht, welche Auswirkungen solche Urteile haben werden. Oder ahnen sie (die Richter) es doch und wollen das sogar? Offensichtlich. Ausländerfeindlichkeit mitten in unserer Justiz. Willkommen in alten Zeiten. Das ist kein Recht, sondern Unrecht. Prädikat: Unmenschlich und eine Schande für unser Land!

So sollte es sein:
Wer ein Photo (rechts-)mißbraucht, macht sich strafbar. Das Merkel-Selfi wurde gradezu mutiert und so sollte man neben Verleumdung auch die Straftatbestände Verletzung des Urheberrechts, Beleidigung, arglistige Täuschung, Fälschung, falsche Verdächtigung oder/und Betrug prüfen. Sind nicht sogar die vorsätzlichen Mutationen und Lügen zum Schaden von Merkel und Anas M. sowie zu Facebooks Bereicherung und damit gar Datenhehlerei? Seitens der Fälscher und seitens Facebook?! Auf jeden Fall sind all das mögliche Straftatbestände, die neben dem gesunden Menschenverstand sehr wohl eine einstweilige Verfügung rechtfertigen sollten. Fragen wir uns doch Folgendes:
 Dürfte eine Zeitung ein Photo so verändern, vergrößern, in großen Buchtstaben zur Person Terrorvorwürfe drüber schreiben und veröffentlichen? Nein. Dürfte ich als Bürger ein Photo so verändern und als Anzeige in einer Zeitung buchen? Dürfte ein Mitbürger ein Selfi so verändern, vergrößern, auf ein Plakat kleben, in großen Buchtstaben zur Person Terrorvorwürfe drüber schreiben und sich damit auf den guten alten Marktplatz stellen? Nein. 

Waffen, Drogen, Medikamente oder Fälschungen und Plagiate - die dürfen in Deutschland über das Internet genauso wenig rechtsfrei vertrieben werden, wie in der Fußgängerzone oder über eine Zeitungsanzeige. Man darf ja noch nicht einmal mündlich über jemanden Lügen verbreiten, das gelogene Wort im hallenden Spaceraum ist per Gesetz strafbar. Zum Glück. Aber im Internet soll das erlaubt sein? Wie blind ist das denn?! Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, sondern ein ebenso öffentlicher Platz wie jeder andere Marktplatz auch. Warum sollte das für die Verbreitung von Lügen, Wort- oder Bild-Täuschungen oder Fälschungen anders sein, mit welcher Begründung sollte es nur bei solcherlei Lug und Trug im Internet eine Ausnahme geben?? Im Web sprechen wir oft von der sogenannten Netiquette. Der Spielraum dieser Netiquette muss sich im Internet in den gleichen gesetzlichen Grenzen bewegen, die mündlich und schriftlich auch überall sonst für jeden gelten. Fazit nicht nur iS Anas M. muss sein: Facebook Deutschland - Deutschland Gesetz.

Natürlich kann und darf es nicht das Problem Unschuldiger sein, wenn Facebook oder andere Plattformen das nicht unterbinden. Egal ob auf einem deutschen Marktplatz, in einer deutschen Zeitung oder im deutschen Spaceraum! Wenn Facebook zum sofortigen Löschen solcher vorsätzlichen Lügen technisch (angeblich) nicht in der Lage ist - deren Problem, dann muss Facebook mal Betriebsferien machen und wiederkommen, wenn sie ihre Technik im Griff haben. Das technisch nicht zu können, halte ich für Fake.

Aber noch viel wichtiger: 

Was gab es da beim Landgericht noch nachzudenken, frage ich mich? Vergleich? Unsinn! Vergleiche Marktplatz mit Marktplatz. Nicht sofort die beantragte einstweilige Verfügung zu erlassen zu haben, kommt nach meinem Ermessen einer fahrlässigen oder sogar vorsätzlichen Legalisierung von Täuschungen und Lügen gleich, und könnte als schwere Folge dessen sogar Gefahr in Verzug bedeuten, da es von Menschen, die unsere Grundrechte mit Füßen treten, möglicherweise als Freibrief verstanden würde. Solche Lügen und bewußten Täuschungen sind extrem schädlich und gefährlich, das sollte sogar mit Gefängnis bestraft werden. Die Unterstützung solcher Straftaten ist ein Verbrechen. Kann ein Fall wie der von Anas M. noch einfacher sein? Die Lügen sind hier besonders klar ersichtlich. Wenn das Landgericht das nicht erkennen sollte, sind das für diese Aufgabe möglicherweise die falschen Richter. Und für dieses Amt sowieso! Wer immer noch denkt wie in den 80ern (oder früher?), dann wirds schwierig. Wenn das Gericht der EV nicht zustimmt, dürfte man demnach Bilder von den Richtern mit den irresten Überschriften auf Facebook veröffentlichen. Vielleicht mit irren Sexphantasien? Das ist nicht so hart wie Terrorunterstellung. Aber wenn Richter dann eine EV (und wahrscheinlich noch so manches mehr) erwirken, dann wissen wir: Nun haben es wohl alle verstanden. Entschuldigen Sie bitte diesen Gedankengang, ich habe solcherlei nicht vor. Aber wie würde wohl einer der Richter reagiert haben, wenn es ein Selfi von Merkel und ihm gäbe, und im Netz würde man mit dem Photo aus dem Richter einen Terroristen machen?!! Würde man einen Vergleich anregen? Würde man Facebook Zeit lassen? Wenn diese Betrachtung Empörung oder Unmut bei Ihnen hervorruft - gut! Denn dann bekommen Sie eine Ahnung davon, wie es sich anfühlen könnte, wenn es wahr wäre. So wahr und real wie für Anas M. Wer meint, das sei nicht das gleiche, der weiß nicht um den Sinn von Gleichheit, Artikel 3 GG. Richter sind zum Schutz dieser Gleichheit verpflichtet.

Solcherlei Betrachtungen sind meinem ausgeprägten Beschützerinstinkt geschuldet sowie meiner Dankbarkeit für unsere wundervollen (Grund)Gesetze und nicht zu guter Letzt meiner Fassungslosigkeit, wenn diese Gesetze brach liegen oder sogar schlimm mißachtet werden. So etwas fühlt sich für mich an wie Begünstigung einer Straftat.

 

Wenn Parteien Bots nutzen, sollte man auch das auf rechtswidrige Straftatbestände wie arglistige Täuschung, Fälschungen oder Betrug prüfen. So, wie ich keine gefakten Autos verkaufen darf - sorry, dürfen sollte, so darf man auch keine gefakten Inhalte vertreiben, weder in der Zeitung noch im Web. Ein vorsätzlich gefaktes Auto mit Mängeln, die Gesundheit, Leib und Leben gefährden, zieht doch sicherlich härte Strafen nach sich, als nur ein Kunstlederlenkrad. Wer mit mangelhaften Autos gradezu handelt, gehört doppelt bestraft (man müsste Vorstand und Geschäftsführung von VW, Bosch & Co. auf versuchte Körüerverletzung verklagen!). Wenn dementsprechend zum Beispiel Facebook offensichtlichge Fake News publiziert (publizieren lässt), könnte man das u.a. auf Datenhehlerei seitens Facebook und der Botanbieter prüfen. Ich würde es drauf ankommen lassen und alle drei verklagen: Den Anbieter der Bots, die Partei und Facebook. Bis zum Verfassungsgericht, wenns sein muss.

    Ich spreche übrigens aus (guter) Erfahrung. Wenn die offensichtlichen Lügen und Täuschungen erstmal unterbunden sind, wird es mit den undurchsichtigen deutlich einfacher. Das Risiko der Straftäter bzw. die Aussicht auf Gefängnis, wird die Mittelalterhetze stark eindämmen und so das Nötige zu social media beitragen. Ist es nicht erschreckend, wie Menschen zum Pöbel mutieren und sich hochschaukeln und wie vor 2000 Jahren zum Steinigen bereit sind, wenn man es zulässt? Das muss aber nicht so bleiben.

      Hier eines von mehreren Erfahrungsbeispielen, dass Betrüger sehr schnell ein ausgeprägtes Schuldbewußtsein an den Tag legen, wenn man sie konsequent mit den üblichen Gesetzen konfrontiert. 2010 hatten wir ein neues online-Business mit Modeschmuck aufgebaut, bereits im ersten Halbjahr waren wir Umsatzmillionär und haben teilweise bis zu 1000 Bestellungen am Tag verarbeitet. Entsprechend oft waren wir mit negativen Bewertungen konfrontiert. Viele davon willkürlich und Fakebewertungen, mitunter haben wir Frustbewertungen bekommen, die noch nicht einmal unsere Produkte betrafen. Bei ausnahmslos allen Fake-Bewertungen hat eine einzige Mail an die Käufer ausgereicht, sodass innerhalb eines Tages(!) die Bewertungen eigens von den Käufern gelöscht wurden. Unter anderem hatten wir freundlich aber bestimmt auf Verleumdung und üble Nachrede sowie die möglichen strafrechtlichen Konsequenzen hingewiesen und dass wir nach fruchtlosem Ablauf von maximal 24 Stunden alle Gesetzesregister kompromisslos ziehen würden. An der schnellen und unkomplizierten Reaktion konnte man leicht das Schuldbewußtsein erkennen, die Fake Bewerter wussten sehr genau, wann sie gelogen und sich schuldig gemacht hatten, sie selbst hatten keinen Zweifel darüber.

Die Mailvorlage habe ich noch. Interesse? Intern nannten wir diese Mail "Schlammdackel-Mail". Denn solche Bewertungen waren Schlammschlachten. So wie heute viele Fake News auch.

 

Echte Werte sind unabhängig von Raum, Zeit und Technik. Menschlichkeit ist solange der höchste Wert, wie es Menschen gibt. Wir haben Glück - unsere extrem bittere Geschichte hat uns zumindest aussergewöhnliche Gesetze beschert, viele dieser erstklassigen Gesetze spiegeln echte Werte. Werte und Gesetze, die nicht an Gültigkeit und Kraft verloren haben, sondern auch im Zeitalter des www 4.0 die gleiche Tragfähigkeit besitzen, wie vor dem Internet. Wir haben viele gute Möglichkeiten und müssen gar nicht auf ein extra Gesetz gegen FakeNews warten, ich sehe keine besonderen Gründe, die meisten unserer jetzigen Gesetze nicht anwenden zu können. Vielleicht können wir dann schon bald wieder von social media anstatt von asocial media reden. 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Anton Doll (Dienstag, 07 Februar 2017 13:28)

    Gebe Dir uneingeschränkt Recht, fürchte aber, bzgl. Urheberrecht, Verpflichtung zur Änderung von Posts usw. in social media steht unsere Justiz noch ganz am Anfang und scheint derzeit heillos überfordert.
    Im übrigen bin ich der Meinung, dass wir kein Gesetzesdefizit, sondern ein Vollzugsdefizit haben. Und der Personenkreis, der vollziehen kann und darf ist in den letzten Jahren kräftig zusammengestrichen bzw. an die kurze Leine gelegt worden.
    Bin kein Freund von Verschwörungstheorien, aber wenn ich das so sehe. . .